… ein freund hat neulich erzählt, daß er erstaunt sei, daß diese sogenannten karikaturen eine klassische win-win-win-situation hervorgerufen hätten. es wären sozusagen ‚container-karikaturen‘.
auf meinen fragenden blick sagte er: „jeder begründet mit diesen karikaturen seine handlungen und ansichten.“ es werde, wie bei einem container, das jeweils gewünschte hineingepackt.
die westlichen länder würden unisono die meinungsfreiheit als grundlage der demokratie betonen und feiern, auch wenn sich die freie meinungsäußerung auf speakers corner reduziert habe. die gesetzgebung in der demokratie zeige sich von der meinung vieler unberührt.
den radikalen in, so betonte er, allen ländern habe es einen willkommenen anlass gegeben, gegen das jeweils andere vorzugehen. die mittel seien unterschiedlich, die idee die gleiche: wir sind die besseren. da bewahrheite sich wieder der satz: ‚wir verachten, was wir nicht kennen.‘ europa sei zwar mal mit kants hilfe aus der selbstverschuldeten unmündigkeit ausgebrochen, der mut, sich seines eigenen verstandes zu bedienen nehme aber tendenziell wieder stark ab.
in muslimischen ländern führe es dazu, daß sich einige aufstacheln ließen und in deutschland dazu, daß nun einige meinten wieder aufstacheln zu dürfen. bei den karikaturen habe es 10 wochen gedauert, in der brd wären bereits nach wenigen tagen die ersten ‚ausländer raus‚ rufe durch die landschaft gegeistert und hätten die lufthoheit über den stammtischen gesichert.
ein blick in beliebige foren, wie etwa telepolis.de oder tagesschau.de zeige, daß sich ‚der deutsche‘, ehemals herrenrasse, nun mehr als europäer, aber immer noch eindeutig überlegen sehe, das abendland als ursprung der zivilisation. es seien zwar viele errungenschaften in europa entstanden, man dürfe aber, wenn man sich auf diese beruft die negativen, wie hexenverbrennung, kreuzzüge und nationalsozialismus nicht einfach ausblenden.
„wenn man sich auf die ‚gnade der späten geburt‘ beruft und mit der ns-zeit nichts zu tun haben will, dann gilt das auch für die erungenschaften von davinci, gutenberg und geothe. und verdammt noch mal, darum geht es in diesem streit nicht.“
„das wäre noch der bärendienst der karikaturen“, fuhr mein freund fort, „und die win-situation für rechte politik.“ endlich gäbe es einen anlass, der weitere sinnlose überwachungsmaßnahmen rechtfertige und es erlaube, das ein oder andere freiheitsrecht einzuschränken. ausgenommen sei natürlich die pressefreiheit, zumindest bis zum nächsten mal. daß die pressefreiheit auch nachhaltig von der überwachung, wie beispielweise die pauschale speicherung der kommunikationsdaten, eingeschränkt werde, interessiere da nur am rande.
„das waren jetzt zwei wins“, sagte ich, „was ist das dritte?“
„das dritte ist die hoffnung, daß auf diese episode der weltgeschichte eine weitere folgt, die nicht mehr von feindbildern und zwietracht geprägt ist, sondern vom aufeinander zugehen der menschen überall auf der welt.“ auch wenn es einige gäbe, denen dieses nicht passe, sei er zuversichtlich, daß die mehrheit der menschen irgendwann keine lust mehr auf zänkereien habe.